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Gemeinwohl im Unternehmen:
Status Quo und Entwicklungsperspektiven

Gemeinwohlorientierung in Unternehmen – wie ist der Status Quo, wo liegt der Fokus, welche Entwicklungsperspektiven gibt es und wie sieht der Informations- und Unterstützungsbedarf aus? Das haben wir die Mitgliedsbetriebe von netz.NRW und alle Interessierten gefragt.

Im Anschluss haben wir zwölf qualitative Befragungen durchgeführt, bei denen wir den Fokus weniger auf repräsentative Zahlen (die Liefert z.B. der Deutsche Social Entrepreneurship Monitor des Interessenverbandes SEND e.V.), als auf thematische Breite und Tiefe gelegt haben. In Ergänzung zu breiter angelegten quantitativen Befragungen wie dem Anders als bei quantitativen Zielgruppenbefragungen wie dem Deutschen Social Entrepreneurship Monitor des Interessenverbandes Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. decken die Antworten ein breites Spektrum an Rahmenbedingungen ab: Die kleinen und mittleren Unternehmen, die sich beteiligt haben, kommen aus verschiedensten Brachen. Handel, Dienstleistung und Gastronomie sind ebenso vertreten wie Produktion und Handwerk. Die Rechtsformen reichen vom eingetragenen Verein über die GmbH bis zur Genossenschaft.

Gemeinwohlorientierung – Status Quo

Auch ihren Status Quo in Bezug auf die Gemeinwohlorientierung bewerten die Unternehmen ganz unterschiedlich: Ein Drittel sieht den aktuellen Stand als ausbaufähig an, ein weiteres Drittel immerhin als zufriedenstellend. Je ein Sechstel der Gesprächspartner:innen betrachtet den eigenen Status Quo in Bezug auf das Gemeinwohl als fortgeschritten bzw. weit fortgeschritten. Dabei gibt es vier verbreitete Schwerpunkte für gemeinwohlorientiertes Handeln: Neben den angebotenen Produkten und Dienstleistungen und der ökofairen Beschaffung zahlt besonders eine sozial gerechte Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse und das ehrenamtliche Engagement für gemeinnützige Projekte und Initiativen auf die Gemeinwohlorientierung ein.

Seltener ist eine Kultur der Mitbestimmung und Beteiligung in Bezug auf die Organisations- und Eigentumsstruktur – und nur ein teilnehmendes Unternehmen reinvestiert die Unternehmensgewinne konsequent in das Gemeinwohl. Dass beides Teil der offiziellen Definition für „Gemeinwohlorientierte Unternehmen“ ist, verdeutlicht: Nicht nur, wer die Kriterien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erfüllt, identifiziert sich mit den Zielen der Gemeinwohlorientierung. Gleichzeitig wird aber auch klar, dass immer noch Luft nach oben ist.

Fokus und Entwicklungsperspektiven bei der Gemeinwohlorientierung

Fast alle Teilnehmenden haben daher konkrete Pläne, die Gemeinwohlorientierung in den nächsten Jahren noch weiter zu stärken. Nachdem in den letzten Jahren die Anpassung der Produkte und Dienstleistungen, die Verbesserung der internen und externen Transparenz einschließlich ethischer Werbung sowie die Verbesserung von Einkaufsrichtlinien und Lieferant:innenbeziehungen im Vordergrund standen, wollen die Unternehmen dabei teilweise neue Schwerpunkte setzen.

Noch stärker als bisher beschäftigen sich die Beteiligten mit den Perspektiven für ökofaire Beschaffung. Auch die Mitarbeiter:innen rücken in den Fokus. Neben der sozial gerechten Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse und Anreizen für ökologisch-soziales Mitarbeiter:innenverhalten wollen sich etwa ein Drittel der Unternehmen auch mit den Perspektiven für Mitbestimmung und Teilhabe sowie einer dafür ggf. erforderliche Veränderung der Rechtsform auseinandersetzen. Weniger Gewicht hat hingegen auch weiterhin die Reinvestition der Gewinne, mit er jedoch immerhin ein Sechstel der Unternehmen sich auseinandersetzen möchte.

Bei der Übersetzung in konkrete Maßnahmen stellt der Zeit- und Ressourcenaufwand, der neben dem alltäglichen Betrieb anfällt, einen entscheidenden Faktor dar – grade in Kleinst- und Kleinunternehmen. Außerdem sollte auf eine vernetzte Vorgehensweise unter Einbeziehung der Mitarbeiter*innen und ein nachhaltiges Gesamtkonzept wert gelegt werden.

 

Informations- und Unterstützungsbedarf

Der Informations- und Unterstützungsbedarf bezieht sich aus Sicht der Teilnehmenden auf fast alle Unternehmensbereiche und betrifft die Verhältnisse zu allen relevanten Stakeholdern – Mitarbeiter:innen, Kund:innen, Lieferant:innen und gesellschaftliches Umfeld. Einen wichtiger Schwerpunkt liege jedoch im Bereich der Geschäftsleitung, die mit ihren strategischen Festlegungen und Entscheidungskompetenzen besonderes Gewicht habe. Zudem sollten Unternehmensbereiche wie Finanzen, Buchhaltung und Controlling sowie Marketing und Vertrieb im Fokus sein, wenn es um die gemeinwohlorientierte Ausrichtung des Unternehmens gehe.

Das thematische Interesse ist dabei breit aufgestellt. Jeweils ca. zwei Drittel der Teilnehmenden wünschen sich Informationen zu Vor- und Nachteilen verschiedener Rechtsformen in Bezug auf Gemeinwohlorientierung, Hinweise zu finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten für gemeinwohlorientierte Unternehmen und Hintergründe sowie Kriterien zur Beurteilung von Nachhaltigkeit und Gemeinwohl. Ethisch-soziale Werbemöglichkeiten, hierarchiefreie Arbeits- und Organisationskonzepte, Möglichkeiten der Betrieblichen CO2-Reduktion, die allgemeinen Rahmenbedingungen gemeinwohlorientierter Dienstleistungen und die Einbindung des Gesellschaftlichen Umfelds sind jeweils noch für ca. die Hälfte der befragten Unternehmen relevant. Weitere Themen sind die Grundlagen gemeinwohlorientierter Produktentwicklung, Strategien für die Integration von Arbeitslosen und inklusives Arbeiten sowie die Grundlagen der Kreislaufwirtschaft und der Gemeinwohlökonomie.

Dabei beginnt Gemeinwohlorientierung natürlich nicht erst, wenn das Unternehmen schon aktiv ist. Die wichtigste Grundlage schon bei der Gründung: Die eigenen Werte klären und kommunizieren. Aber auch das Aufbauen geeigneter Netzwerke, das Absichern der zugrundeliegenden Geschäftstätigkeit, die Organisation des Einkaufes und selbst die mobilitätsgerechte Standortwahl können aus Sicht der Teilnehmenden wichtige Beiträge leisten.

Der Podcast „Um:Orientierung – Gemeinwohlwissen für Unternehmen“ greift die verschiedenen Themen auf und beginnt bei den Grundlagen. Die erste Folge beschäftigt sich mit den Begriffen, Methoden und Messwerkzeugen rund um die Gemeinwohlorientierung – und steht jetzt zum Abruf bereit!


Die Europäischen Union fördert in Deutschland zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Programme und Projekte als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie, finanziert aus der Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas (REACT-EU) im Rahmen von NextGenerationEU.

Der Podcast Um:Orientierung wird durch das Förderprogramm “REACT with impact – Förderung des Sozialunternehmertums” finanziert.