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Faire Verbraucherverträge – Laufzeit, Verlängerung und Kündigung
Lange Vertragslaufzeiten haben für Unternehmen viele Vorteile und auch Verbraucher:innen können davon profitieren. Gerade bei stillschweigenden Verlängerungen verschiebt sich die Win-Win-Situation jedoch nicht selten zulasten der Kund:innen. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge, verabschiedet am 10. August 2021, soll insgesamt für ein ausgeglicheneres Verhältnis sorgen und betrifft alle Anbieter:innen von Waren oder Dienstleistungen per Dauerschuldverhältnis. Die Neuregelung von stillschweigenden Vertragsverlängerungen und Kündigungsfristen traten am 01. März 2022 in Kraft. Welche wirtschaftliche Relevanz mögliche Veränderungen in diesem Bereich haben können, verdeutlicht ein Blick auf den Entstehungsprozess des Gesetzes.
Begrenzung der Laufzeit in der Kritik
Unternehmen und Interessensverbände aller Branchen waren eingeladen, zum Referentenentwurf des Gesetzes Stellung zu nehmen. Vertreter:innen der Werbe-, Medien- und Digitalwirtschaft sowie von Telekommunikation, Handel und öffentlichem Personenverkehr übten harte Kritik. Besonders im Fokus: die ursprünglich anvisierte Deckelung der Vertragslaufzeit auf 12 Monate. Subventionierte Sonderkonditionen und Werbebeigaben seien auf dieser Grundlage geschäftlich nicht mehr rentabel, eine drastische Laufzeit-Verkürzung wäre wirtschaftsschädigend und liefe auf eine deutliche Verringerung attraktiver Angebote hinaus: „Durch verkürzte Laufzeiten büßen Unternehmen ihre finanzielle Planungssicherheit ein, die dem Verbraucher eine längere Preisstabilität gewährleistet und Investitionen in die Weiterentwicklung und Pflege des Angebots möglich macht. Konkret bedeutet die angestrebte Änderung für den Verbraucher, dass die Preise steigen werden, um Schwankungen auffangen zu können. Zudem sind auch qualitative Einbußen nicht auszuschließen“, so der Branchenverband SIBB in seiner Stellungnahme.
Auch der Bundesverband Abonnement weist auf die Konsequenzen für Verbraucher hin: „Die Kosten jeden einzelnen Neuabschlusses sind hoch, und erst die zweijährige Mindestlaufzeit erlaubt die Finanzierung dieser Kosten. Somit trägt die Möglichkeit einer sicheren Kalkulation auf Basis längerer Erstverpflichtungszeiträume auch zu einer für die Leser breiteren Angebotspalette bei.“ Darüber hinaus habe in den vergangenen Jahren „die Anzahl von Publikationen stetig zugenommen, die sich wirtschaftlich überwiegend oder gar ganz von Vertriebserlösen tragen und die nur mit länger laufenden Abo-Laufzeiten überhaupt finanziert werden können.“
Die Studienkreis GmbH erklärt in ihrer Stellungnahme: „Fair ist es unserer Auffassung nach, dem Verbraucher eine möglichst breit gefächerte Auswahl an Vertragsalternativen anzubieten, die seinen jeweiligen individuellen Interessen und wirtschaftlichen Möglichkeiten gerecht werden“ und weist weiter darauf hin, dass 24-Monatsverträge „gegenüber kürzeren Laufzeiten den Vorteil einer deutlichen Rabattierung“ böten, „die aus Kundensicht sehr attraktiv ist und deshalb von mehr als einem Drittel unserer Kunden in Anspruch genommen wird“. Darüber hinaus wüssten ihre Kunden, „dass eine nachhaltige Notenverbesserung eine gewisse Zeit benötigt“ und blieben deshalb „unabhängig von der gewählten Vertragsdauer“ im Durchschnitt 16 Monate bei ihnen.
Dem schließt sich der Bundesverband Abonnement in seiner Stellungnahme an: Trotz kürzerer Abonnement-Angebote für Zeitschriftentitel, wie etwa Probeabos für 3 Monate oder Halbjahresverträge, entscheide sich ein Großteil der Leser:innen “für längere Laufzeiten, konkret: Etwa 80 Prozent (!) der Abonnementverträge werden mit einer Laufzeit über einem Jahr abgeschlossen“. Solche Verträge seien damit „unverändert interessengerecht“. Das Vorhaben, Vertragslaufzeiten auf maximal 12 Monate einzuschränken, stelle einen „massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit, sowohl für Unternehmen als auch für den Verbraucher“ dar, meint auch der Branchenverband SIBB. Der heftige Gegenwind von Unternehmensseite und der Verweis auf die Folgen für Verbraucher:innen schlugen sich in der finalen Gesetzesvorlage nieder, eine maximale Vertragslaufzeit von 24 Monaten bleibt weiterhin gesetzlich erlaubt.
Vertragsverlängerung weiter stillschweigend möglich
Wesentlich rigider als der Referentenentwurf behandelt das Gesetz für faire Verbraucherverträge hingegen das Thema stillschweigende und automatische Vertragsverlängerungen sowie Kündigungsfristen. Unternehmen können umso mehr von Planungssicherheit und sinkendem Verwaltungs-, Werbungs- und Kommunikationsaufwand profitieren, je weiter der Zeitrahmen auch hier gesteckt ist. In ihren Stellungnahmen zum Referentenentwurf wandten sie sich daher ebenfalls gegen die geplante Höchstdauer von 3 Monaten: „Wenn sich die Kalkulationsbasis für die Vertragsverlängerungen demnach in der Folge von 12 auf nur noch drei Monate verkürzt, müssen Unternehmen die geringere Planungssicherheit zwangsläufig in die Bepreisung aufnehmen, (auch) zum Nachteil des Kunden“, so Sky Deutschland. „Auch hier ist nochmals an das Gebot der Wahlfreiheit des Kunden zu erinnern: Nicht alle Verbraucher haben ein Interesse an kurzfristigeren Verträgen. Viele wünschen sich Transparenz und Preisstabilität über einen längeren Zeitraum hinweg und wollen sich nicht jedes Jahr oder – im Extremfall – alle drei Monate mit ihren Verträgen auseinandersetzen. Denn selbst wenn sich die Verträge demnach weiter automatisch verlängern sollten, kann aufgrund der kurzzeitigen jeweiligen Verlängerungsphase eine längerfristige Preisstabilität mangels Kalkulationssicherheit nicht garantiert werden“.
Im Gesetzestext finden diese Hinweise jedoch keinen Widerhall. Er geht noch über den Entwurf hinaus und bietet Verbraucher:innen größeren Schutz vor unfreiwilligen Vertragsverlängerungen, die für sie zur empfindlichen Kostenfalle werden können. Die Kündigungsfrist wurde auf maximal 1 Monat vor Ende der vorgesehenen Laufzeit verkürzt, während automatische oder stillschweigende Vertragsverlängerungen zwar erlaubt bleiben, jedoch lediglich auf unbestimmte Dauer und monatlich kündbar sein müssen. Diese Regelung betrifft nur Neuverträge ab dem 01.03.2022 und gilt nicht für den Verkauf zusammengehöriger Waren sowie Versicherungsverträge.
Quelle: Bundesministerium der Justiz